Pickuplife - die Freude am Trail

Traillife

In Deutschland gibt es einen Comedian, Entertainer und Wanderenthusiasten namens Wiegald Boning. Als er in der Folge 42 des Podcastes "Rausgehört" zu Gast war sagte er sinngemäß folgendes: "Zu Fuß unterwegs sein ist die perfekte Fortbewegungsart. Die Weinbergsschnecke siehst du nur wenn du zu Fuß unterwegs bist. Nicht einmal vom Fahrrad aus würde man sie sehen". Diese Worte blieben bei mir hängen. Ich hatte diese Folge in Argentinien auf Achse seiend gehört und als ich einen Tag später in einem versteinerten Wald stand und auf bunte Eidechsen herabblickte, die sich auf den Steinen sonnten dachte ich bei mir: "welch wunderbare Geschöpfe. Wie die Weinbergsschnecke, hätte ich dieses kleine Geschöpf vor mir doch niemals vom Auto aus gesehen. Herr Boning hatte wohl Recht gehabt. Zu Fuß gehen ist die großartigste Art der Fortbewegung: nur so sieht man die Welt in der tiefsten Detailtiefe die das menschliche Auge erfassen kann. Zudem fördert das gehen zu Fuß das körperliche Wohl und zerstört keine Umwelt. Wieso reise ich bzw. meine Frau und ich also mit dem Pickup und Wohnkabine statt die Welt in ihrer ursprünglichsten Art zu erkunden: eben zu Fuß.

Eidechsen

Nun ja, der erste Punkt ist offensichtlich: wir standen in Argentinien als wir diese Eidechsen beobachteten. Um zu Fuß dorthin zu kommen hätten wir ungeachtet des Zeitaufwandes jede Menge Wasser überwinden müssen, dass zwischen Deutschland und Argentinien liegt. Ein schwieriges Unterfangen, dass wir dann doch auch zukünftig lieber mit einem Fortbewegungsmittel wie einem Flugzeug oder einem Schiff angehen. In diesem Fall hatten wir das Flugzeug und unser Auto das Schiff genommen. Angekommen sind wir in Montevideo und von dort aus waren es ca. 2300 km bis zum Besuch bei den Eidechsen. Bei einer soliden Laufgeschwindigkeit von ca. 4 km/h wären diese Strecke 24 Tage Fußmarsch gewesen. Ein Auto klingt plötzlich doch nicht mehr so schlecht. Flugzeug, Schiff, Auto, Füße. Ich habe also vier Fortbewegungsarten gebraucht um dorthin zu kommen wo ich nun war. Die perfekte Fortbewegungsart gibt es also doch nicht. Das Meer lässt sich schlecht im Auto überwinden, die Eidechse lässt sich schlecht vom Auto aus sehen. Konsterniert stellte ich fest, es gibt doch nicht die eine perfekte Fortbewegungsart. Vielleicht aber die perfekte Kombination aus Fortbewegungsarten.

Auto in Container

Moment, wird nun der ein oder andere sagen: das Auto auf ein Schiff zu setzen und nach Montevideo zu bringen, dass ist doch wohl nicht zwingend notwendig. Hätte es da nicht auch ein einfacher Mietwagen getan. Dafür möchte ich nochmal ganz zum Anfang zurück gehen. Die erste große gemeinsame Reise mit Kira führte uns in die Slowakei. Wir waren zu dieser Zeit noch Studenten. Das Budget war noch klein und so waren wir sehr froh, dass wir uns von Kiras Eltern den Camper leihen konnten. Ein Pickup mit Wohnkabine. Wir hatten damals schon für uns entdeckt gehabt, was für eine tolle Sache wandern ist. Es entspannte uns, tat uns gut und nebenbei schont es den Geldbeutel, da es keinen Cent kostet den einen Fuß vor den anderen zu setzen. Auf dieser Reise entdeckten wir aber noch die Vorteile der Wohnkabine. Die Reise führte uns in die hohe Tatra. Eine atemberaubende Berglandschaft, bei welcher mir spontan zwei eng miteinander verknüpfte Erlebnisse ins Gedächtnis kommen. Nachdem wir schon einige Wanderungen in der Slowakei hinter uns hatten wollten wir uns nun an eine richtige Herausforderung wagen. Eine 40 km Wanderung, die uns an einem Tag über 1000 Höhenmeter den Berg hinauf und wieder hinunter führen sollte. Natürlich ging diese Strecke auf den Gipfel des Berges nur zu Fuß und so liefen wir zum Sonnenaufgang enthusiastisch los. An diesem Tag verdunkelte sich der Himmel, ließ lautes Grollen verlauten und ergoss sich über uns. Grelle Lichter zerrissen von Zeit zu Zeit die Dunkelheit und teilten uns mit heute werdet ihr nicht den Berg erklimmen. Durchtränkt brachen wir die Wanderung ab und kamen an unserem mobilen Zuhause wieder an. Das war wohl nichts gewesen. Die kleine Diesel-Heizung in der Kabine trocknete uns und unsere Sachen aber wieder im Nu. Am nächsten Tag ging es wieder raus und diesmal hatten wir strahlenden Sonnenschein. Mit dem Gefühl, dass schlechte Wetter überlistet zu haben krachselten wir die steilen Hänge hinauf. Abends kamen wir am Ende unsere Kräfte wieder am Auto an. Es war so schön direkt am Parkplatz die Tür zu seiner Unterkunft zu öffnen, noch einen Happen aus dem Kühlschrank zu essen und einfach direkt ins Bett zu fallen. Mit der Wohnkabine hatten wir unsere eigene kleine Wander-Schutzhütte immer mit dabei. Ich glaube in diesen Tagen wurde tief in uns drinnen bereits entschieden, dass wir irgendwann selber eine mobile Unterkunft bei uns haben werden. 

Wohnkabine Tatra

Eine super Sache also so eine Wohnkabine, allerdings könnte das uns aber auch ein Wohnmobil, ein Van oder ähnliches bieten. Gehen wir in der Chronologie der Reisen einfach weiter. Wir hatten unser Studium gerade beendet und entschieden, dass wir bevor wir ins Berufsleben starten werden nochmals 6 Wochen reisen möchten. Und wieder einmal hatten Kiras Eltern ihre Finger im Spiel. Sie hatten ihr Auto in der Zwischenzeit nach Namibia gebracht gehabt. Was bietet sich also besser an als dieses Reisegefährt ein zweites Mal zu nutzen. Namibia ist ein traumhaftes Land und bietet wahnsinnig viele entdeckte und weniger entdeckte Orte. Uns führte unser Weg zunächst an einen der entdeckteren Orte: der Etosha Nationalpark. Ein riesiger Park in welchem man so gut wie jegliches Tier zu Gesicht bekommen kann, die man sich klassisch vorstellt wenn man an Afrika denkt. Wir fuhren also zu einem der vielen Wasserlöcher im Park, als eine Elefantherde links aus dem Dickicht kam und langsam und gemächlich die Straße überquerte. Der Park ist seit dem Bau einer geteerten Straße bis zum Eingang des Parkes gut für jeden zu erreichen und so dauerte es nicht lange bis sich mehr und mehr Autos ansammelten um das Schauspiel zu beobachten. Zunächst hatten wir noch in erster Reihe mit perfekten Blick und gewissen Respektabstand zu den Tieren gestanden. Ein schöner Anblick für uns, wir waren jedoch ein störender für die Erinnerungsfotos anderer. Ein leicht zu lösendes Problem für die vielen Hobbyfotografen und so schob man sich einfach zwischen uns und den Elefanten in den Respektabstand hinein. Ehe wir uns versahen fanden wir uns in Dritter Reihe wieder und hinter uns standen schon neue Autos so dicht, dass wir nicht einmal mehr hätten wegfahren können. Wie gut, dass die Elefanten in diesem Park schon so an die Touristen gewöhnt waren und zumindest nicht unerwartet auf Menschen reagierten. Mangels Bewegungsfreiraum wäre das wohl nicht gut für jeden ausgegangen. Springen wir eine Woche weiter. Wir waren im Caprivi. Der Caprivi ist ein Zipfel Nambias ganz im Nordosten der über Botswana verläuft. Hier bestimmen die großen Flüsse die Natur und die Nationalparks sind schwerer zugänglich. Über schwierige Straßen fuhren wir in den Nationalpark hinein. Nicht stehen bleiben war die Devise, denn nur mit anhaltenden Schwung war der tiefe Sand zu überwinden. Untersetzung und Differentialsperre sind hier zuweil der Lebensretter. Als wir einmal um eine Kurve fuhren bot sich uns ein ähnlich überraschender Anblick wie im Etosha. Eine Elefantenherde überquerte gerade die Straße. Der Unterschied war aber sofort ersichtlich. Diese Elefanten waren nicht an Menschen gewohnt. Der größte Elefant, wohl der Leitelefant, blusterte sich sofort auf als wir um die Kurve kamen. Mit aufgestellten Ohren und großen Schritten gab er uns zu verstehen, dass wir so nahe bei ihm nichts zu suchen hatten. Wir wechselten abrupt in den Rückwärtsgang und gaben Gas. Nach einigen Meter entschied der Elefant, dass die Distanz nun wieder groß genug war und zog samt Herde weiter. Stets den nun fest definierten Abstand einhaltend folgten wir der Elefantenherde noch eine Zeit auf Schritt und Tritt und das ohne einen einzigen anderen Menschen. Dieser Moment war so majestätisch und beeindruckend, zugleich aber auch so viel entspannter als unser anderes Erlebnis zuvor. Wieso also ein Pickup? Ganz einfach, er hat uns einen Moment nur für uns gegeben.

Pickuplife Elefant

In diesem Moment sitze ich den Artikel schreibend in meinem Campingstuhl vor unserem eigenen Ford Ranger mit aufgesetzter Wohnkabine, ein Fernwehmobil. Auf die Anden blickend denke ich für mich: Soweit das Auto uns bringt, soweit die Füße uns tragen und solange die Kabine uns schützt. Gleich werden wir noch ein Stückchen fahren, am Ende der Straße unsere Wanderschuhe schnüren und wenn das Wetter uns doch abhalten sollte, dann verweile wir eben Zuhause.

Fernwehmobil

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