Chilenisches Feuerland 🔥 - Eine Erfahrung fürs Leben

Es gibt Erlebnisse, die lassen sich nur schwer in Worte fassen. Atemberaubend, einzigartig und nachhaltig im Gedächtnis bleibend. Jeglicher Versuch das gesehene vor Ort in ein Bild zu bekommen kommt auch nicht ansatzweise an das eigentliche Erlebnis heran. Natürlich kann man im Fall des Bildes nochmal näher an die Realität herankommen, sollte man nicht wie wir mit dem Handy sondern mit einem richtig guten Objektiv fotografieren. Ich wage aber zu bezweifeln, dass jegliche Magie einzufangen ist.

Um den kläglichen Versuch also zu umgehen starte ich mit zwei Bildern, die erst gar nicht versuchen das Gesehene 1:1 einzufangen, sondern damit welche Kraft und Emotionen es bei mir ausgelöst hat.

Wir haben hier einen kraftlosen Fabian, der gerade 2 Stunde gelitten hat und auch den letzten Rest seines Mageninhaltes entleert hatte. Das zweite Bild zeigt Fabian, wie er energetisch und begeistert ist. Das entscheidende: zwischen beiden Bildern liegen nur wenige Minuten. Ein magischer Ort sorgte für diese "Wunderheilung".

Aber bevor ich ins Detail gehe erstmal zurück zum Anfang. Wo waren wir überhaupt und wie sind wir dorthin gekommen.

Feuerland

Feuerland ist für viele Reisende mittlerweile zu einem großen Ziel geworden. Der Reiz am Ende der Welt anzukommen führt viele dorthin. Verständlich, lockt die Inselgruppe doch zudem noch mit unberührten Landschaften. Oft fällt dabei der Name Ushuaia. Die Stadt, welche sich selbst als die südlichste Stadt der Welt tituliert, ist der Hauptanlaufpunkt und liegt auf der Hauptinsel. Diese Hauptinsel unterteilt sich in zwei Seiten: die argentinische und die chilenische. Sollte man nicht gerade mit dem Flugzeug oder mit einem Kreuzfahrtschiff ins argentinische Ushuaia reisen, so kommt man unweigerlich durch Chile hindurch. Die meisten nutzen Chile aber primär als Transit. Lediglich der Parque Pinguine Rey, der seit ein paar Jahren Königspinguine beherbergt, lockt so manchen auf einen kleinen chilenischen Abstecher.
Eigentlich sehr schade, denn daneben gibt es noch zwei weitere Routen, die tiefer ins chilenische Feuerland hineinführen.

Küstenstraße

Folgt man ausgehend vom Parque Pinguine Rey immer weiter der Küstenstraße südlich Richtung Puerto Yartou, so begibt man sich auf den ersten Pfad weit abseits der ausgetretenen Hauptstraßen von Feuerland. Die Straße hat es in sich und sollte nicht ohne 4x4 gängigem Auto angegangen werden. Und selbst wenn das Auto dies zulässt sollte man sich überlegen ob die angestrebte Tour einem die Mühe wert ist. Auch wir mussten zwischenzeitlich sehr mit den Straßenverhältnissen kämpfen. Mit jedem gefahrenen Kilometer wurde die Straße buckeliger und als wir in einen Regen gerieten, blieb uns nur noch der Ausweg anzuhalten und den Regen abzuwarten. Zu matschig und rutschig war die Straße geworden, so dass wir nur noch am schlittern waren. Die gute Nachricht: auf Feuerland wechselt das Wetter so oft, dass man mit Zeit und ein wenig Geduld jegliche schlechte Wetterphase optimistisch aussitzen kann. Hat man die Mühen überstanden, so wird man mit Einsamkeit und Küstenabschnitte nur für sich belohnt.

Wir genossen diese Ruhe und konnten so richtig runterkommen.
Auf unserem drei Tägigem Abstecher bekamen wir nur einmal Menschen zu sehen. Zwei Einheimische, die zu ihrem Haus in Puerto Yartou fahren wollten, hatten nicht nur mit der Straße sondern auch mit ihrem Auto zu kämpfen. Mit vereinten Kräften brachten wir dieses wieder in Gang. Auch wenn wir von Ihnen als Dank in ihr Haus eingeladen wurden, so fuhren wir dennoch nicht komplett bis dorthin durch. Eine vermeintlich sehr schwere Flussdurchquerung hätte uns noch bevorgestanden und zum damaligen Zeitpunkt fehlte es uns noch an Offroad-Erfahrung, weshalb wir uns anders entschieden.

Die Hauptroute

Die zweite chilenische Route führt von der Ortschaft Pampa Guanaco, durch den Karukinka Nationalpark weiter Gen Süden. Zu erwähnen sei hier, dass schon seit einigen Jahrzehnten der Plan besteht eine Straße komplett durch den chilenischen Part Feuerlands bis an die südliche Küste zu bauen. Theoretisch soll man so irgendwann auf der chilenischen Seite bis nach
Ushuaia durchfahren können. Allerdings baut man bereits seit vielen Jahren an dieser Straße und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Unserer Einschätzung nach wird es auch noch weitere Jahrzehnte dauern bis die Straße fertiggestellt sein wird. Die schwierigsten Abschnitte wurden noch nicht angegangen und führen durch Nationalparks, deren Umweltschutz Bestimmungen den sowieso schon schweren Streckenbau noch weiter verlangsamen werden.

Die bestehende Route beherbergt einige Highlights. Wir verbrachten unsere erste Nacht am Lago Blanco. Wir standen dort im November komplett alleine und hatten den Weg entlang des Ufers nur für uns. Lediglich ein Waldarbeiter war vorzufinden. Leider störten seine permanent laut bellenden Hunde etwas die Ruhe. Da wir aber davon ausgehen würden, dass dies nicht das ganze Jahr über der Fall ist, würden wir das mal als Pech verbuchen.



Das zweite Highlight ist der Nationalpark Karukinka. Uns lockte die Versprechung eines Fernwanderweges in diesen Park, welcher über 5 Tage tief hinein in den Park führen soll. Leider scheint es diesen Weg schon länger nicht mehr zu geben. Dafür fanden wir aber zwei weitere Pfade. Im Detail haben werden wir die Wanderwege in einem weiteren Artikel beschreiben. An dieser Stelle sei deshalb nur erwähnt, dass uns beide sehr begeistert haben, wobei nur der kürzere kostenfrei zu begehen war.



Fährt man von der Rezeption des Nationalparks Karukinka weiter Richtung Süden so lässt man auf dieser Strecke entgültig die Standardpfade hinter sich. Um ins südliche Hinterland zu gelangen muss man zwei Pässe überqueren. Beide Pässe sind solide zu befahren, sollte der Schnee bereits geschmolzen sein. Der erste Pass machte uns zudem direkt Vorfreude auf das was kommt. Am höchsten Punkt angekommen wurden wir mit einem Aussichtspunkt belohnt. Wir schauten über ein rotes Moor hinweg, welches vor den Schneebedeckten Bergen und zur rechten des Lago Deseado lag. Wir hielten an und gingen ein paar Meter um den Ausblick in vollen Zügen zu genießen. Ein Vorgehen, dass wir auf der gesamten Strecke immer wieder machten. Zum Glück ist es meist auch kein Problem mal kurz am Straßenrand zu halten, denn Autos kommen sowieso sehr selten vorbei.



Der zweite Pass Canadon German Genskowski schlängelt sich Serpentinenhaft den Berg hoch und gleichermaßen wieder herunter, bevor er den Blick auf den Lago Fagnano (arg.) bzw. Lago Khami (chil.) freigibt. Der See wird im Sommer viel besucht. Allerdings nicht hier, denn mit über 104km Länge liegt er nicht nur in Chile sondern auch in Argentinien. Viele halten am Lago Fagnano oder an den dortigen Aussichtspunkten mit Blick auf den See auf ihrer Fahrt in Argentinien nach Ushuaia. Wir fanden auf dieser Seite keine anderen Camper vor.

Bootstour

Das eigentliche Highlight sollte aber in Caleta Maria starten. Wir hatten in Erfahrung gebracht, dass ein in dieser Ortschaft lebender Fischer einen auch mit seinem Boot raus zum Monte Darwin fährt. Ein verlockendes Angebot, kann man diesen Ort doch sonst noch auf keine Art und Weise touristisch erreichen. Der Begriff Ortschaft ist für Caleta Maria übrigens etwas relativ, denn faktisch besteht es aus einem Haus und einem Wohnwagen. In letzterem sollte der Fischer leben. Wir kamen bei strömendem Regen an und waren etwas gespannt ob unser Plan die Bootstour machen zu können aufgehen würde. Abends bei strömendem Regen bei einem Wohnwagen klopfen gehen war bisher nicht so unser Ding. Ein völlig unberechtigter Zweifel der uns da kurz aufkam, denn uns wurde freundlich die Tür geöffnet und hätten wir das Angebot angenommen, dann wären wir innerhalb weniger Sekunden mit dem Fischer und seinem Kollegen auf ein Gläschen Wein am Abendtisch gesessen. Da Fabian aus gesundheitlichen Gründen kein Alkohol trinken darf und wir zudem müde waren lehnten wir ab, verabredeten uns allerdings für den nächsten Morgen für die Bootstour. 


Am nächsten Morgen standen wir extra früh auf, wollten wir doch keinesfalls zu spät sein. Eine völlig unberechtigte Sorge. Wir hätten die südamerikanische Ruhe eigentlich mittlerweile schon kennen sollen. So standen wir mit unserer deutschen Pünktlichkeit viel zu früh im Kalten wartend. Dennoch wurden wir belohnt, denn ein Königspinguin kam unerwartet an den Strand, watschelte dort seine Morgenrunde, bis er wieder ins Meer verschwand. Ein Königspinguin und ein Moment nur für uns, der den Tag jetzt schon zum Highlight machte.



Zur eigentlichen Bootstour gesellte sich noch eine Familie chilenischen Ursprungs, die mittlerweile aber teilweise in den USA lebte. Ich möchte an dieser Stelle nicht zu sehr über die Familienmitglied ins Detail gehen, kurz sei aber gesagt, dass diese einen 90-jährigen Mann bei sich hatte dessen Traum es war noch einmal die Schönheit Feuerlands zu sehen, da er früher der für Feuerland zuständige Tierarzt gewesen ist. Eine spannende Lebensgeschichte und eine nette Familie, die uns den Tripp nicht nur weil sie für uns auch übersetzten konnte spannender machte.

Kommen wir aber nun zum leidenden Fabian. Das Boot war ein kleines Motorboot auf dem wir gerade so alle Platz fanden. Die Sitzbänke waren eher schlecht als Recht befestigt und wankten wenn man sich falsch bewegte. Dieses Boot bewegte sich nun raus auf hohe See. Jede einzelne Welle brach an dem Boot, dass sich wacker weiter kämpfte. Ebenso kämpften wir, versuchend die alten Tricks anzuwenden. Fixen Punkt am Horizont anstarren und damit der Übelkeit entgehen. Leider kam dazu, dass der kämpfende Motor jedes Mal einen beißenden Benzingeruch ausstieß, wenn ein Gang betätigt wurde. Fabian überkam die Seekrankheit nach 30 Minuten Schaukeln und hing fortan über die Reling. Einer der chilenischen Familie war so nett ihn festzuhalten, damit er nicht von Bord ging. Es dauerte 2 Stunden bis das Schiff tief genug in die Bucht von Monte Darwin vorgedrungen war und die See wieder etwas ruhiger wurde. Es brauchte nur einen Tee und die Blicke auf die ersten Gletscher bis zum zweiten Bild vom Fabian. Der lose Sack, der ohne Energie noch vom Schiff hätte geschaukelt werden können stand staunend da. Die Wunderheilung war vollbracht.

Monte Darwin

Wir haben mittlerweile immer wieder viele Mühen auf uns genommen um unterschiedlichste Gletscher bestaunen zu dürfen. Da gab es zum Beispiel den berühmten Gletscher Perito Moreno der durch seine Größe beeindruckt. Oder der Gletscher Ojo del Albino, dessen schwieriger Anstieg dorthin uns ein Gefühl gab, dass wir uns diesen redlich verdient hatten. Darüber hinaus gab es noch die hängenden Gletscher im Pumalin Nationalpark, jene um El Chalten oder die einsameren im Perito Moreno Nationalpark .
Jeder Gletscher war auf seine Art und Weise beeindruckend. Der Gletscher am Monte Darwin wird uns aber für immer als der magischste unter Ihnen im Gedächtnis bleiben. Streng genommen reden wir aber auch nicht von einem Gletscher, sondern von 8 Gletscherzungen (4 davon am Berg selber), die wir zu sehen bekamen. Als wir mit dem Boot am Monte Darwin angekommen waren legte dieses an einem kleinen begehbaren Berg an. Nachdem wir ausgestiegen waren kraxelten wir den Hügel hinauf und staunten nur noch. Die Farbe des Wassers, der Nebel im Berg, die Gletscherzungen und die unglaubliche Ruhe, die vereinzelt vom Donnernden Hall eines brechenden Eises unterbrochen wurde gab diesem Ort eine Magie, die unglaublich war.

Man spürte dass es etwas besonderes war einen Weg gefunden zu haben diesen Ort zu erreichen, ein Reiseziel, dass nur wenige bisher erkundet haben. Wir genossen jede Sekunde bis wir zum Boot zurück kehrten. Dort hatte man in der Zwischenzeit Chupe de Centolla für uns gekocht. Ein regionales Essen mit frischen Krabben, welche unser Steuermann unterwegs mit einem Fischerboot gegen Käse und Süßigkeiten ertauscht hatte.

Man schmeckte wie unglaublich frisch diese Krabben gefangen waren und nahmen dankend den angebotenen Nachschlag an. Für Fabian hieß es dann wieder 2,5 Stunden leiden, denn der Rückweg stand an. Diesmal aber zumindest mental darauf vorbereitet und wissend, dass sich all das Leiden gelohnt hat.

Fazit

Das chilenische Feuerland ist eine Gegend die man nie vergessen wird. Die Bootstour zum Monte Darwin ist das Sahnehäubchen auf einer der schmackhaftesten Torten. Königspinguine, Strand, Berge, Wälder, Moore, Gletscher, Seen. Das chilenische Feuerland bietet soviel und ist Abenteuer pur. Lediglich die Möglichkeit südlich des Karukinka etwas mehr wandern zu können hat uns gefehlt.

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